Neue Organisationsformen – warum eigentlich?
Moden charakterisieren sich durch Tools und Methoden. Diese können hilfreich sein und sind zugleich beliebig austauschbar. Bei agilen Organisationsformen ist das jedoch anders.
Es handelt sich nicht um Mode oder Tools, sondern um eine Haltung und ein bestimmtes Grundverständnis
Hierbei steht nicht eine Methode, sondern eine innere Haltung im Vordergrund und daher geht dieses Thema auch viel tiefer. Denn das entscheidende Grundverständnis dabei ist, sich selbst und das, was man tut, permanent infrage zu stellen.
Wobei es mit dem Bewusstsein geschehen muss, etwas mit bestem Wissen und Gewissen voller Elan zu tun, trotz dessen, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft ganz anders aussehen könnte.
Das bedeutet, bei jedem Iterationsschritt wieder alles zu geben, einfach weil es normal ist. Jeder Schritt und jede Aktion muss passen für den Moment, aber ist gleichzeitig endlich, wie alles im Leben. Dies erfordert innere Kraft und fällt vielen Menschen schwer, möchte man doch am liebsten etwas für die Ewigkeit schaffen.
Sind die bisherigen Strukturen nicht erprobt und richtig?
Manch einer behauptet sogar, dass bereits die Natur selbst durch die Evolution, welche das Überleben sichert, diese Form der Hierarchie etabliert hat. Dadurch sei es die Richtige.
Die Evolution zeigt: Es gibt berechtigterweise den Chef des Rudels, um das Überleben einer Gruppe zu sichern
Die hierarchische Pyramide hat unglaubliche Vorteile. Ganz zentral dabei: Die klassische Hierarchie nimmt Komplexität aus einem System heraus, sorgt für Klarheit und jeder weiß, was er oder sie zu tun hat. Außerdem lassen sich größere Aufgaben wunderbar auf verschiedene Teilbereiche einer Organisation verteilen.
Deshalb ist dieses Organisationsprinzip doch auch heute noch eine richtige Antwort, um Unternehmen oder bestimmte Unternehmensteile zu führen – oder?
Wenn also traditionelle Hierarchien so lange so gut funktioniert haben, warum sollte sich das dann ändern?
Diese Pyramiden-Strukturen haben nach wie vor eine große Berechtigung und sie werden in der Zukunft auch weiterhin noch einen wesentlichen und wichtigen Teil abbilden. Das Neue ist, dass sich unser Umfeld in den letzten Jahren so stark verändert hat und weiter verändern wird. Die Veränderungen werden so schnell, dass wir zusätzlich flexiblere Modelle brauchen werden – passend zum Umfeld der Kunden, des Marktes und der Entwicklung unserer Welt.
Noch vor wenigen Jahren bewegten sich die meisten Organisationen in einem halbwegs stabilen Umfeld. Natürlich gab es auch damals technische Umwälzungen, doch war der Wandel nie so rasant wie heute. Wenn Geschäftsmodelle nicht nur ein paar Wochen, sondern jahrzehntelang funktionieren, sorgt diese klassische Struktur für die nötige Stabilität im Unternehmen. Das gibt Sicherheit, sorgt für Kontinuität, Verlässlichkeit und für manche auch für Vertrauen. Das ist eine große Stärke in einem stabilen Umfeld.
Früher schluckten die Großen die Kleinen – heute die Schnellen die Langsamen
Die Pyramide ist zwar schnell und effizient, wenn es um die Ausführung von Plänen geht. Jedoch ist sie langsam und träge, wenn es um Veränderungen geht. In vielen Bereichen disqualifiziert sie das für die Gegenwart und gefährdet ganz massiv ihre Zukunft.
Wenn sich in der äußeren Welt einer Organisation etwas verändert, so merken es vielleicht die Mitarbeitenden recht schnell, die täglich mit dem Kunden in Kontakt sind. Allerdings dauert es viel zu lange, bis diese Information in der Pyramide oben ankommt. Dabei muss sie zuerst zur Spitze gelangen, bevor eine Entscheidung getroffen werden kann. Das ist oft Wochen, Monate und manchmal Jahre zu spät.
Selbst wenn der Veränderungsimpuls nach oben durchgedrungen ist und eine Entscheidung getroffen wurde, so muss noch eine ganze Organisationslinie, eine Befehlskette nach unten durchlaufen werden, bis sich im Verhalten des Unternehmens wirklich etwas ändert. In Zukunft werden sich immer weniger Unternehmen diese Trägheit leisten können und Mitarbeitende solcher Unternehmen sind zunehmend demotiviert oder gar frustriert.
Ein erster entscheidender Schritt für die Unternehmen ist zu erkennen, wie stark ihr Markt und Umfeld von Veränderungen betroffen sind. Insbesondere, welche Bereiche im Unternehmen dafür relevant sind. Hier besteht Handlungsbedarf und die Notwendigkeit neu zu denken.
Und ja, in vielen Bereichen, zum Beispiel oft in der Produktion und in der Qualitätssicherung, sind klare, verlässliche Prozesse entscheidend für den Erfolg. Hier hilft die klassische hierarchische Pyramidenstruktur und das soll auch so bleiben.
Neue Haltung, neues Denken und moderne Unternehmensformen brauchen hochqualifizierte Mitarbeitende
Unternehmen, die das nicht schaffen, haben keine Chance in turbulentem Umfeld zu überleben. Insbesondere die jungen und gut ausgebildeten Menschen, die so dringend benötigt werden, sind heute kaum noch bereit für Unternehmen zu arbeiten, welche ihnen keine Verantwortung, keine Flexibilität sowie keine Lernmöglichkeiten geben.
Mit welcher Unternehmensform wird man in Zukunft erfolgreich sein?
Die Organisationsform der Zukunft? Das hängt von Ihrem Marktumfeld und dem Verhalten ihrer Kunden ab.
- Manche Unternehmen, wie bereits viele im Dienstleistungs- und im IT-Sektor, setzen ganz auf agile moderne Unternehmensstrukturen. Hier ist rollenbasiertes Arbeiten sowie arbeiten in Kreisen und minimalen Hierarchien bereits Alltag. Kästchen, denen wie früher in Organigrammen Personen zugeordnet wurden, werden immer weniger oder sind verschwunden.
- Unternehmen, die in einem stabilen Umfeld sind, tun gut daran, mit ihrer klassischen hierarchischen Struktur weiterzumachen.
- Die meisten Unternehmen, vor allem die größeren, brauchen jetzt Fingerspitzengefühl, Kompetenz, Fähigkeit und Wachsamkeit, um zu erkennen, welche Bereiche weiterhin stabil mit geringer Komplexität weiterzuführen sind und welche nicht. In welchen Bereichen findet eine starke Interaktion mit einem dynamischen Außen, heißt mit den Kunden, mit schneller technologischer und wirtschaftlicher Entwicklung statt? Die Kunst ist nun, in hybriden Unternehmensstrukturen denken und handeln zu lernen. Das nennt man auch Ambidextrie. Hierbei handelt es sich um Unternehmensstrukturen, in denen es sowohl die klassische Pyramide als auch agile, moderne Unternehmensformen gibt. Wobei sich diese gegenseitig ergänzen.
Natürlich funktioniert es nicht von heute auf morgen neue, dynamische Unternehmensstrukturen einzuführen und zu organisieren. Auch die Mitarbeitenden müssen lernen mit solchen Freiräumen und neuem Denken umzugehen. Für so einen Prozess braucht es Erfahrung, Offenheit und die Bereitschaft, sich auf neue Haltungen und Sichtweisen einzulassen.
Nicht einfach, aber machbar. Manchmal nicht bequem, aber für das Überleben des Unternehmens vielfach unabdingbar.
Kleine Schritte in die dynamischere Unternehmenswelt zu gehen ist unglaublich wichtig, sinnvoll und bereichernd: Für das Unternehmen, die Mitarbeitenden, den Menschen und die Kunden.
Wollen Sie mehr über dieses Thema erfahren, dann kontaktieren Sie mich gerne unter michael.coelle@aurobia.com!
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